Schon bevor ich die Mädchen*zuflucht betrete, frage ich mich was mich heute erwartet. Wurde vielleicht ein neues Mädchen* aufgenommen? Mit wem habe ich heute ein Gespräch? Und wie oft wird wohl das Telefon klingeln?

An der Tür werde ich von meiner Kollegin aus dem Nachtdienst begrüßt. In der nächsten halben Stunde erfahre ich in der Übergabe alle wichtigen Informationen zur aktuellen Situation, den Mädchen*, sowie zu nötigen Telefonaten und Terminen. Es bleibt auch Raum für Absprachen und Fragen.

Da die Mädchen* zu dieser Zeit in der Schule oder der Ausbildung sind, ist es ruhig. Ich nutze die erste Zeit für wichtige Telefonate z. B. mit dem Jugendamt und vereinbare Arzttermine, welche zuvor mit dem Mädchen* besprochen wurden. Neben den Telefonaten bearbeite ich die Mails und erledige Büroarbeiten. Außerdem lese ich mich in die Akte des neu aufgenommenen Mädchens* ein.

Eines der Mädchen* hat heute einen Termin im Jugendamt. Die Kollegin in der Rufbereitschaft begleitet sie. Nach dem Gespräch erhalte ich von ihr eine Rückmeldung: Das Mädchen* wird in ein betreutes Wohnen ziehen und wir sollen dies vorbereiten. Ich spreche mich kurz mit meiner Rufbereitschaft übers Telefon ab, wie das am Nachmittag anstehende Gespräch zu gestalten ist.

Gegen halb eins beginne ich das Mittagsessen zu kochen. Die Mädchen* kommen nach und nach aus der Schule und wir essen gemeinsam. Beim Essen erfahre ich von den Ereignissen des Tages und kann mit den Mädchen* die Freizeit am Nachmittag besprechen. Doch zuvor stehen noch die Hausaufgaben an. Einige der Mädchen* erledigen diese alleine, andere benötigen noch einen kleinen Anstoß oder etwas mehr Unterstützung.

An diesem Nachmittag habe ich zwei Gespräche und nehme mir Zeit für deren Vorbereitung. Mit den Gesprächen versuchen wir die Mädchen* kennenzulernen, gemeinsam eine mögliche Perspektive zu finden und an individuellen Themen zu arbeiten. Ich bespreche heute mit Melanie* (Namen stehen stellvertretend) nur das Gespräch im Jugendamt nach und wir sprechen über den Umzug ins betreute Wohnen. Dabei diskutieren wir Wünsche, Vorstellungen und Ziele, die sie bei der anstehenden WG-Besichtigung klären möchte. Im zweiten Gespräch erarbeite ich mit Olivia das Genogramm, um das familiäre Umfeld des Mädchens* besser kennenzulernen. Im Anschluss schreibe ich noch die Protokolle.

Im nächsten Telefonat werde ich von einem Mädchen* angerufen, welches mich um Hilfe bittet. Sie erzählt mir von ihrer Notlage und wir besprechen mögliche weitere Schritte. Sie ist aktuell noch nicht bereit, zu uns zu kommen, deshalb schlage ich ihr ein Beratungsgespräch in unserer Kontaktstelle, ein Treffen mit dem Jugendamt und auch den erneuten Anruf in der Zuflucht als Alternativen vor.

Um halb sechs klingelt meine Kollegin für den Nachtdienst. In der Übergabe informiere ich sie über den aktuellen Stand und die offenen Aufgaben. Mit der Übergabe endet mein Arbeitstag in der Zuflucht. Ich bin schon gespannt, was mich das nächste Mal erwartet.